Ehevertrag

Ehevertrag

KOPF ODER BAUCH … ODER BEIDES?

Ehe sollen Ewig halten – so zumindest das gesetzliche Leitbild und der Wille der Eheschließenden. Die Realität sieht jedoch anders aus:

Bundesweit wird jede dritte Ehe, in den Großstädten bereits jede zweite Ehe geschieden – und trotzdem ist die ‚Heiratslust’ ungebrochen. Der Verlauf einer leider unglücklichen Ehe ist den meisten aus dem engen Umfeld oder aus eigener Erfahrung hinlänglich bekannt:

Zwei Menschen lernen sich kennen, dann lieben und heiraten. Vertragliche Regeln für den Fall eines Scheitern kommen einen nicht in den Sinn, sind tabu: Uns passiert das nicht. Aus ihrer Ehe gehen Kinder hervor. Ein Ehegatte erzieht und pflegt die Kinder, während der andere einer Erwerbstätigkeit nachgeht und das Familieneinkommen sichert. Der Alltag hält mehr und mehr Einzug, die Partner werden sich fremd. Die ersten Krisen bewältigen die Eheleute noch. Doch dann stellen sie fest, dass ihre Differenzen unüberwindbar sind. Sie lassen sich scheiden und stehen mit einem Mal vor einem schier unüberwindbaren Berg von Fragen: Wer bleibt in der Ehewohnung, wo leben die Kinder, wovon soll ich leben, was ist mit meiner Rente, wer tilgt die Schulden – und wie sollen wir jetzt, nachdem wir uns getrennt haben, eine Einigung erzielen?

Diesen und weiteren offenen Fragen sehen sich viele der 250.000 in diesem Jahr und auch in Zukunft betroffenen Scheidungsparteien ausgesetzt.

Was kann ein Ehevertrag hier leisten?

Sicherlich kann er vor einer Ehescheidung und den Gründen, die zu ihr führen nicht „schützen“. Doch er kann die Folgen erheblich abmildern und transparent machen und den Eheleuten vermeidbaren „Ärger“ ersparen. Mit einem inhaltlich klaren und fairen Ehevertrag weiß jeder von Beginn an, woran er ist.

Ein tragfähiges Fundament für die Jahre nach dem Standesamt sollte aus Verstand und Gefühl bestehen. Dazu gehört auch ein die Interessen beider Parteien angemessen berücksichtigender und dadurch fairer Ehevertrag.

Derzeit besitzen zwischen 10 und 15 % der knapp 19 Millionen Ehepaare in Deutschland einen Ehevertrag. Sie haben darin ihre eigenen Regeln für die Zeit ihres Zusammenlebens und die etwaige Zeit danach getroffen. Meist geht es um finanzielle Regelungen, häufig aber auch um Regelungen im Bereich des Umgangs- und Sorgerechts für die gemeinsamen Kinder.

Was kann alles in einem Ehevertrag geregelt werden?

Sehr viel! Die Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig und erfassen nahezu jeden Lebensbereich, in dem die Ehepartner miteinander verbunden sind.

Meistens werden Regelungen im Bereich des Güterstandes getroffen. Denn zunächst geht der Gesetzgeber davon aus, dass Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Hat also der eine Ehegatte während der Ehe mehr Vermögen erwirtschaftet als der andere, ist er auf dessen Wunsch diesem zum Ausgleich verpflichtet. Im Falle einer Ehescheidung kann dann der ausgleichsberechtigte Ehegatte von dem anderen die Durchführung des Zugewinnausgleichs verlangen, d.h. den Ausgleich des von beiden Eheleuten während der Ehe erworbenen Vermögens. Wenn die Eheleute dies von Beginn an verhindern wollen – und dafür kann es nachvollziehbare Gründe geben, wie z.B. dann, wenn die Eheleute mit sehr unterschiedlich hohen Vermögens- und Einkommensverhältnissen in die Ehe gehen -, müssen sie den gesetzlichen Güterstand ausschließen. Dies folgt in der Regel durch Vereinbarung des Güterstands der Gütertrennung. Dass ein Wechsel des Güterstandes auch erbrechtliche Folgen haben kann, ist dabei zu berücksichtigen.

Nicht selten entscheiden sich Eheleute auch nur für eine Modifizierung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft, indem bestimmte Vermögenswerte ausdrücklich ausgeklammert werden – z.B. Unternehmen, weil es sich um Familienbetriebe handelt oder weil man verhindern möchte, dass das Unternehmen zerschlagen werden muss, weil anders der Zugewinnausgleichsbetrag nicht gezahlt werden kann.

Auch im unterhaltsrechtlichen Bereich treffen Eheleute häufig Vereinbarungen. Häufig werden hier Unterhaltsverzichte vereinbart, weil z.B. beide Ehepartner erwerbstätig sind, in etwa ein gleich hohes Einkommen erzielen und gemeinsame Kinder nicht geplant sind.

Aber auch im Bereich des Versorgungsausgleiches, also dem im Rahmen einer Ehescheidung von Amts wegen durchzuführenden Ausgleich der in der Ehezeit beiderseits erworbenen Rentenansprüche, werden häufig ehevertragliche Regelungen getroffen. In der Regel vereinbaren de Parteien hier einen vollständigen Ausschluss.

In Fällen bi-nationaler Ehen können sich ggf. Vereinbarungen der Eheleute dazu anbieten, welchem nationalen Recht ihre Ehe – und damit auch eine etwaige Ehescheidung – unterliegen sollen.

Gibt es Grenzen?

Ja, die gibt es!

Der Grundsatz lautet: Kein Partner darf über Gebühr benachteiligt werden. Das ist das Ergebnis eines sehr aufsehenerregenden Urteils des Bundesgerichtshofes vom 11.02.2004, das ganz gewiss die bisherigen weitreichenden Möglichkeiten nunmehr deutlich eingeschränkt hat. Zwar gilt auch für Eheverträge der Grundsatz der Vertragsfreiheit, so dass Eheleute an sich alles vereinbaren dürfen, was sie möchten. Allerdings findet der Grundsatz der Vertragsfreiheit seine Grenze zum einen in den Grundrechten. Und zum zweiten darf ein Ehevertrag nicht derart in den Kernbereich der Scheidungsfolgen eingreifen, dass er den ehelichen Lebensverhältnissen nicht mehr gerecht wird und aufgrund seiner groben Einseitigkeit einem Ehepartner nicht mehr zuzumuten ist. Ob ein Ehevertrag eklatante Benachteiligungen für einen Ehepartner mitbringt, ist meist nicht einfach zu beantworten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dürfte dies jedoch für die Fälle gelten, in denen der Ehevertrag in den Unterhaltsanspruch des die gemeinsamen Kinder betreuenden Elternteils ganz oder teilweise eingreift, ohne dass der Nachteil durch andere Regelungen ausgeglichen wird. Im Ergebnis kann es also sein, dass – auch dann, wenn ein Ehevertrag zwar nicht sittenwidrig ist, weil er zum Zeitpunkt seiner Schließung keinen der Eheleute gravierend und unzumutbar benachteiligte – sich ein Ehevertrag oder einzelne Regelungen aber als unangemessen herausstellen und im Falle einer gerichtlichen Überprüfung (sog. Angemessenheitsprüfung) geändert werden – z.B., weil sich in der Zwischenzeit die ehelichen Lebensverhältnisse gravierend geändert haben, so dass es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstieße, sich auf den Vertrag oder die betreffende Regelung zu berufen. Ein Beispiel für einen solchen Fall könnte gegeben sein, wenn Eheleute wechselseitig jeglichen Unterhalt vertraglich ausschließen und später – obwohl dies nicht geplant war – ein gemeinsames Kind aus der Ehe hervorgeht. Der Unterhaltsausschluss ginge in diesem Falle vollständig zu Lasten des ggf. betreuenden Elternteils.

Muss der Ehevertrag eine besondere Form haben?

Ja! Der Vertrag muss von einem Notar beurkundet werden.