Unterhalt

Unterhalt

(vom 01.12.2005)

AKTUELLE ÄNDERUNG DER RECHTSPRECHUNG IM UNTERHALTSRECHT

Anrechnung des Kindergeldes bei volljährigen Kindern

Nachdem bei den Familiengerichten die Frage, wie das staatliche Kindergeld für ein volljähriges Kind unter den Eltern zu verteilen ist, hoch umstritten war und die Gerichte hierzu unterschiedlich urteilten, hat das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 26.10.2005 nunmehr Klarheit in dieser Frage gebracht. Der Bundesgerichtshof entschied:

1. Das staatliche Kindergeld ist in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes anzurechnen.

2. Auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes ist seine – um eine Ausbildungspauschale verminderte – Ausbildungsvergütung ebenfalls in vollem Umfang bedarfsdeckend anzurechnen.

3. Beides gilt auch dann, wenn das Kind noch im Haushalt eines Elternteils lebt, der mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.

Im Ergebnis bedeutet dies eine nicht unerhebliche Entlastung der unterhaltsverpflichteten Elternteile. Denn nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes kann nunmehr der Elternteil, der den Unterhalt für das volljährige Kind allein aufbringen muss, weil der andere Elternteil nicht leistungsfähig ist, künftig das gesamte Kindergeld von seiner Zahlungs- verpflichtung abziehen.

Klargestellt durch das Urteil des Bundesgerichtshofes ist dies nunmehr auch für den Fall, dass das Kind noch im Haushalt des Elternteil lebt, der mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltsverpflichtet ist, diesem aber sog. Naturalunterhalt leistet, dem Kind also Unterkunft und Versorgung bietet. Auch in diesen Fällen darf dieser Elternteil das hälftige Kindergeld nicht mehr für sich beanspruchen. Das volle Kindergeld darf der andere, der leistungsfähige Elternteil vollständig von seiner Unterhaltsverpflichtung abziehen.

Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem der vier Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtete Vater seine Unterhaltszahlungen gegenüber dem einen mittlerweile volljährigen Kind mit der Begründung einstellte, das Kind könne seinen Bedarf über die Ausbildungsvergütung und das an die Kindesmutter ausgezahlte Kindergeld decken. Die Kindesmutter selbst erzielte nur ein geringes Einkommen, war dem Kind daher nicht zum Unterhalt verpflichtet, ließ das Kind aber bei sich wohnen. Die Kindesmutter beanspruchte die Hälfte das staatlichen Kindergeldes mit der Begründung, sie erbringe trotz ihrer Leistungsunfähigkeit auch Unterhaltsleistungen, wenn auch nicht in der bei volljährigen Kindern gesetzlich geschuldeten Form (Geld), sondern in Form von Naturalien.

Der Bundesgerichtshof gab dem Vater Recht. Es verwies auf das Ziel des Kindergeldes, das als Ausdruck des sog. Familienlastenausgleiches die Unterhaltslast der Eltern verringern solle. Daher könne es nur dem Elternteil zugute kommen, der auch rechtlich zum Unterhalt verpflichtet sei. Dies war bei der Kindesmutter jedoch gerade nicht der Fall. Den Hinweis der Kindesmutter, sie leiste dem Kind Naturalunterhalt, ließ das Gericht nicht gelten und verwies darauf, dass Eltern ihren volljährigen Kindern keinen „Betreuungsunterhalt mehr schulden, sondern zukünftig sog. Barunterhalt. Unterkunft und Versorgung des volljährigen Kindes seien dann vielmehr „freiwillige Leistungen“ des das Kind aufnehmenden Elternteils, soweit dieser Elternteil seine Leistungen unentgeltlich erbringt. Der Bundesgerichtshof wies darauf hin, dass dem Kind hierfür ein Entgelt zumutbar sei. Hierzu merkte das Gericht noch an, dass – wie im vorstehend geschilderten Ausgangsfall – der nicht leistungsfähige, aber Unterkunft und Versorgung leistende Elternteil dieses Entgelt dadurch erhalten könne, dass er das Kindergeld, das an ihn ausgezahlt werde und das er an das Kind auskehren müsse, mit seinen Naturalleistungen verrechne. Soweit die Naturalleistungen aber die Höhe des vollen Kindergeldes nicht erreichten, müsse eine Auszahlung an das Kind erfolgen.

Autor:

Rechtsanwalt Stefan Thiele
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