Internationale Scheidungsrecht Rom-III-VO

Internationale Scheidungsrecht Rom-III-VO

Erhebliche Rechtsänderung (Rom-III-Verordnung)

Die internationale Scheidung kommt zunehmend häufiger vor. Die Ursache hierfür ist, dass immer mehr Bürger aus anderen EU-Staaten in Deutschland leben oder aber Deutsche ihren Wohnsitz in einen anderen EU-Staat verlegt haben.

Am 21.06.2012 ist die so genannte Rom-III-Verordnung (VO) in Kraft getreten. Für alle Scheidungswilligen, die nach dem 21.06.2012 ein Scheidungsverfahren eröffnen wollen, gibt es erhebliche Rechtsänderungen.

Rechtsänderungen

Das bisher geltende Recht (EGBGB) stellte bei internationalen Entscheidungen hinsichtlich der Fragen des anwendbaren Rechts in erster Linie auf die Staatsangehörigkeit ab. Dies führte dazu, dass auch Ehegatten mit ausländischen Staatsangehörigkeiten, die ihren Lebensmittelpunkt schon über Jahre in Deutschland hatten, nach dem Recht ihrer Staatsangehörigkeit geschieden werden mussten. Dies hat nun ein Ende. Nach der neu geltenden Rom-III-VO bestimmt sich das auf die internationale Scheidung anwendbare Recht nach neuen Kriterien, und zwar wie folgt:

Rechtswahl

Möglichkeit der Rechtswahl: grundsätzlich können die Ehegatten vor der Scheidung durch Vereinbarung das anwendbare Recht selbst bestimmen. Zur Auswahl stehen insoweit:

 

  1. das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder
  2. das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
  3. das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt, oder
  4. das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.

Grundsätzlich bedarf die Rechtswahl in Deutschland der notariellen Beurkundung.

Bei fehlender Rechtswahl

Wenn die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen haben, stellt sich die Frage, nach welcher Rechtsordnung ihre Ehe denn nun geschieden wird. Auch hierauf hat die Rom-III-VO eine Antwort: Nach ihr unterliegt die internationale Scheidung nunmehr nach der zwingend einzuhaltenden Reihenfolge

  1. dem Rechts des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls
  2. dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern dieser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder anderenfalls
  3. dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen, oder anderenfalls
  4. dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts.

Die neue Rom-III-VO führt damit in vielen Fällen zur Anwendung des deutschen Sachrechts und kann damit in der Praxis für viele ausländische Paare in Deutschland, die keine Rechtswahl getroffen haben, zu Überraschungen führen.

Beispiel:
Lässt sich also ein türkisches Ehepaar, das in Deutschland lebt, scheiden, kommt nicht mehr türkisches Recht, sondern deutsches Recht zur Anwendung.

Aber Achtung: Genauso überraschend wird es auch für viele deutsche scheidungswillige und im Ausland lebende Ehepaare sein, wenn dort nunmehr das ausländische Scheidungsrecht angewendet wird.

Beispiel:
Die deutschen Eheleute Hans und Karin leben in Italien. Weil die Rom-III-VO auch in Italien gilt und Hans und Karin dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist auf ihre Scheidung italienisches Recht anzuwenden, welches sehr viel strengere Scheidungsvoraussetzungen aufweist, als das deutsche Scheidungsrecht: Das Gericht muss vor einer Scheidung zunächst die „Trennung von Tisch und Bett“ auf einseitigen Antrag angeordnet oder bei beiderseitigem Einverständnis bestätigt haben. Erst nach Ablauf von drei Jahren nach der gerichtlichen Trennungsbestätigung kann die Ehe dann geschieden werden.

Diese Überraschung kann vermieden werden, indem scheidungswillige Eheleute in notariell beurkundeter Form eine sogenannte Rechtswahl treffen:

Die Rom-III-VO ist bisher in 14 Staaten in Kraft getreten: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Ungarn.



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